23.03.2020
"Wo alle zusammen sind, da ist Gott"

„Wir gehören zusammen“, lautete das Motto des Familiengottesdienstes, der für den Sonntag "Laetare" (22. März) in der Thomaskirche aufgezeichnet wurde. Das Besondere: Pfarrer Christoph Knoll und Gemeindepädagogin Friederike Hempel sprachen wegen der Corona-Krise vor leeren Kirchenbänken. Lesen Sie Auszüge aus der Predigt!

Jesus ging weiter und sah einen Zolleinnehmer an der Zollstelle sitzen. Er hieß Matthäus. Jesus sagte zu ihm: »Komm, folge mir!« Und Matthäus stand auf und folgte ihm. Als Jesus dann zu Hause zu Tisch saß, kamen viele Zolleinnehmer und andere, die einen ebenso schlechten Ruf hatten, um mit ihm und seinen Jüngern zu essen. Die Pharisäer sahen es und fragten die Jünger: »Wie kann euer Lehrer sich mit den Zolleinnehmern und ähnlichem Volk an einen Tisch setzen?«
Jesus hörte es und antwortete: »Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken!“

Friederike Hempel:

Das ist ja spannend. Jesus hat sich also den, mit dem keiner was zu tun haben wollte, herausgesucht. Vielleicht, weil er nicht wollte, dass überhaupt jemand ausgegrenzt wird. Vielleicht hat er das nicht ertragen, weil er die Menschen so mochte. Und ich glaube, das ist bei Gott immer so: Da sollen alle dazu gehören. Da gilt der Satz: Ich gehöre dazu! Und er gilt für uns alle. Weil wir ja alle von Gott kommen, gehören wir alle zu Gott und auch hier zusammen. 
Aber vielleicht hat Jesus den Matthäus auch gebraucht. Vielleicht hat er etwas in ihm gesehen, was kein anderer sehen konnte. Was Matthäus vielleicht selbst nicht sehen konnte. Vielleicht hat er gesehen, wie viel Kraft  in dem Matthäus steckt, welche Gaben er hat, was er für ein feiner Kerl sein kann. Das hatte Matthäus selbst vergessen, na, und die anderen erst recht! Aber Jesus hat es gesehen. 
Ich glaube, das ist immer so bei Gott. Dass er uns so anschaut, mit diesen Augen der Liebe, und diese ganze Schönheit in uns sieht. Die wir selbst vielleicht vergessen haben. Und wenn uns jemand so liebevoll anschaut, dann spüren wir: Hier bin ich willkommen, hier gehöre ich dazu. 
Und dann kann ich das auch so weitergeben, an andere, an die, die immer noch ausgegrenzt sind. Ach ja, und übrigens- momentan beobachte ich, dass in der jetzigen Viruskrise viele junge Menschen die Älteren „ausgrenzen“. Auf den Wiesen, bei Partys zu Hause wird so getan, als ginge dieser Virus nur die alten Menschen an, weil ja nur die schlimm erkranken oder gar sterben können. Da wünsche ich mir, dass sich die Jungen Leute durch Abstand auch untereinander  solidarisch zeigen, denn auch hier gilt: Bei Gott gehören alle dazu! Gott ruft uns alle zusammen, manchmal, so wie jetzt, auch auf Distanz. Er ruft alle, die am Rand stehen – ob am Rand vom Schulhof, der Familie, oder von Europa. Ausgrenzung ist nicht Gottes Sache. 
Zugehörigkeit ist Gottes Sache. Alle zusammen. Wo alle zusammen sind, wo alle dazu gehören, da ist Gott. Und dann gefällt mir ja noch der letzte Satz in dem Text. Lies den noch mal vor.

Christoph Knoll: 

Jesus hörte es und antwortete: »Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken!“

Friederike Hempel:

Das ist ja so, als hätte Jesus Corona schon gekannt! Der Satz passt gut zu uns heute. Ja, die Kranken brauchen den Arzt. Und sie brauchen es erst recht, dass sie dazu gehören dürfen. Dass sie nicht vergessen werden. „Ich gehöre dazu!“ – das ist jetzt gerade für die wichtig, die krank sind. Und gerade jetzt dürfen wir keinen vergessen und keinen ausgrenzen. Jetzt ist es überlebenswichtig, zusammen zu gehören und füreinander da zu sein. Jetzt ist es wichtig, uns gegenseitig so anzuschauen wie Gott uns anschaut – auf unsere Kräfte und Gaben zu schauen, dass was jede und jeder einbringen kann. Jetzt werden alle gebraucht. damit auch für alle gesorgt wird. Vielleicht braucht bei Euch jemand Hilfe in der Familie und in der Nachbarschaft. Und vielleicht könnt ihr ihm helfen, so wie kein anderer. 
Jeder ist wichtig. Jeder wird gebraucht. Jeder gehört dazu. 
Und dann ist auch für die Kranken und die Ausgegrenzten gut gesorgt. Und ich glaube, genau so hat sich Gott das vorgestellt mit den Menschen. 

Amen