11.04.2023
Spiritualität beim „Rave like God“ in der Predigerkirche

Kirche, ein mystischer, aber „körperfeindlicher“ Raum? Diesem Eindruck will Anne Heisig, Vikarin in der Erfurter Predigergemeinde, etwas entgegensetzen. Am 15. April durfte deshalb beim „Rave like God“ in der Erfurter Predigerkiche getanzt und gefeiert werden. Im Interview beschreibt die 31-Jährige, wie sie die Idee vom Techno-Rave in der Predigerkirche im Rahmen eines Gemeindeprojektes verwirklichen konnte - vom Schreiben eines Konzeptes bis hin zur Vorstellung und Verteidigung des Konzeptes im Gemeindekirchenrat.  

Wodurch hatten Sie die Idee für den Rave?
Für das Gemeindeprojekt wurden wir Vikar*innen ermutigt, etwas zu planen, was wir schon immer mal machen wollten, was experimentell und mutig sein darf. Ich tanze gerne und tanzen tut mir gut. Nach einem experimentellen Gottesdienst habe ich in der Schlosskirche Wittenberg mit Freund*innen vor dem Altar getanzt. Da habe ich gemerkt, dass ich den Kirchenraum ganz anders wahrnehme, wenn ich mich darin frei und tanzend bewegen darf. Kirche wird gerade für Außenstehende oft mit Stillsitzen, leisesein und anderen Verhaltensregeln assoziiert. Aber vor Gott darf ich frei sein, mich frei bewegen und vor allem meine Lebensfreude auch mit meinem Köper zeigen. Das haben schon Menschen in der Bibel getan. Techno ist eine sehr tanzbare Musikrichtung, die viele junge Menschen und mich selbst sehr anspricht. So war die Idee vom Rave in der Predigergemeinde geboren.
Wo sehen Sie die spirituelle Dimension des ungewöhnlichen Projektes?
Ich finde im Tanz eine spirituelle Dimension. Nicht alle Menschen empfinden das genauso, und das ist in Ordnung. Tanzen ist ein Weg, sich im eigenen Körper wohl und angenommen zu fühlen, die Kontrolle ein stückweit abzugeben und sich frei zu fühlen. In der mystischen Tradition vieler Religionen hat Tanz deswegen seinen Platz. Und auch in vielen christlichen Kulturen gehört Tanz als Art der Kommunikation so selbstverständlich in die Kirche wie Singen oder Beten.
Wo sehen Sie persönlich die größte Herausforderung?
Mir ist es wichtig, auch Menschen mitzunehmen, die dem Projekt skeptisch gegenüberstehen. Das geht nur in ehrlichen Gesprächen auf Augenhöhe. Wenn Menschen Kritik äußern, die nicht konstruktiv oder gar beleidigend ist, finde ich das schwierig. Auch fordert es mich sehr heraus, wenn Menschen ein sehr festes und traditionelles Bild davon haben, was Kirche zu tun und zu lassen hat - denn Kirche MUSS neue Wege gehen, um Menschen weiterhin zu erreichen.
Information
„Rave like God“: Samstag, 15. April 2023, 16 bis 22 Uhr, Predigerkirche Erfurt