09.11.2013
Gedenken der Novemberpogrome

Am 9. November 1938 hatten die Nationalsozialisten in Deutschland in der sogenannten "Reichskristallnacht" Synagogen, Wohn- und Kaufhäuser niedergebrannt sowie Menschen erniedrigt, verhaftet und ermordet. In diesem Jahr jähren sich die Novemberpogrome zum 75. Mal.

Es war nicht der Beginn, aber ein Höhepunkt der Judenverfolgung in Deutschland. Auch die Erfurter Synagoge am Kartäuserring (heute Juri-Gagarin-Ring) wurde in jener Nacht ein Opfer der Flammen. Welche Szenen sich in Erfurt abspielten, lässt die Erinnerung von Renate Z., Jahrgang 1929, vermuten:

„Als die Goldkuppel abstürzte, wackelten die Nachbarhäuser. Es war ein lichterloher Brand; es war taghell wegen der Riesenflammen. Die im Nachbarhaus Nr. 67 (Kartäuser Str.) wohnende jüdische Familie Ebel musste rennen, wurde gejagt. Die SA war aktiv, hat gegrölt und gejodelt. Sie war auch in der Synagoge drinnen und hat alles zerschlagen.“

Jüdische Männer wurden in der Turnhalle der Oberrealschule zusammengetrieben. Von dort gibt es entsetzliche Berichte von Folter und Demütigung. Die meisten Opfer wurden anschließend ins Lager Buchenwald verschleppt.

Von den 831 jüdischen Bürgern, die im Juni 1933 in Erfurt lebten, sollten nach dem Genozid im Jahr 1945 nur 15 in ihre Heimatstadt zurückkehren. Über die Vorgänge der Reichspogromnacht sprach die Öffentlichkeit in Erfurt nicht. Darüber, wie nichtjüdische Erfurter diese Aktion der Nationalsozialisten einschätzten, sind wenig Quellen erhalten geblieben. Deutlich offener Protest der Erfurter gegen die Geschehnisse oder couragierte Hilfeleistungen sind nicht überliefert.

Wie wenig die Geschehnisse viele Bürger Erfurts bewegte, zeigt dass man sich in den Abendstunden des 10. November 1938, nicht einmal 24 Stunden nach den schrecklichen Ereignissen, am Lutherdenkmal auf dem Domplatz zur traditionellen Martinsfeier traf, als wäre nie etwas geschehen.

„Am nächsten Tag war Martin Luthers Geburtstag. In Scharen kamen die Leute, Kinder mit Laternen, an die Stelle, wo es noch rauchte und die Trümmer lagen. Da weinte ich wieder. … So was vergisst man nie!“, erinnerte sich Elsa U., Jahrgang 1908.